Regenerative Medizin in der Orthopädie: Ausweg aus der Arthrose
Wo wird regenerative Medizin in der Orthopädie eingesetzt? Wie funktioniert sie?
Regenerative Medizin zielt darauf ab, krankes oder verletztes Körpergewebe neu zu bilden oder in der Reparation zu unterstützen, um die Funktion des Gewebes wiederherzustellen. Sie wird überall dort eingesetzt, wo man biologische Heilungsmechanismen fördern kann, um einen nachhaltigen Heilungsfortschritt zu erzielen und Beschwerden zu lindern. Wichtigstes Beispiel ist die entzündlich aktivierte Arthrose (Osteoarthritis). Arthrose muss nicht wehtun. Bei entzündlich aktivierter Arthrose arbeiten wir seit etwa dem Jahr 2000 mit autologen Zell- und Blutprodukten, um den Entzündungsmechanismus der Gelenke zu durchbrechen, der bei der Arthrose den Schmerz ausmacht. Am bekanntesten war um die Jahrtausendwende die Orthokin-Therapie, bei der körpereigene, entzündungshemmende Proteine aus dem Blut der Patient*innen gewonnen und in das Gelenk gespritzt werden. Daraus haben sich die autologen Plasmatherapien entwickelt. Je nach Entzündungsmechanismus der Gelenke wird mit unterschiedlichen Therapien gearbeitet. In der Sportorthopädie kommen die autologen Zelltherapien häufig bei Überlastungsthematiken und frischen Muskel Sehnenverletzungen zum Einsatz.
Welche Chancen bietet sie, welche Risiken? Wie ist die Evidenz?
Wir wenden regenerative Therapien an, weil es körpereigene Therapien sind, mit denen wir die Zellbiologie der Patient*innen unterstützen können. Heilen kann nur die Natur. Die Heilung wird durch regenerative Therapien angeregt. Das Risiko, wenn man es als solches bezeichnen möchte, wäre, dass die jeweilige Therapie nicht funktioniert. Für die Orthopädie gibt es regenerative Verfahren mit guter Evidenz: einerseits die autologen Zelltherapien wie die Platlett Rich Plasma-Therapie (PRP). Weltweit wurden dazu mittlerweile über 1.000 Studien und mehr als 20 Level-1-Studien durchgeführt, randomisiert und placebokontrolliert, die den Wirkmechanismus bei der Osteoarthritis nachweisen. Des Weiteren wird seit über 30 Jahren die extrakorporale Stoßwellentherapie (ESWT) standardmäßig in der Orthopädie eingesetzt. Diese nutzen wir im Leistungssport täglich, bei Überlastungssyndromen der Knochen, Verletzungen und Knochenmarködem (Bone Bruise), um die Knochenheilung über die Stammzellenaktivierung zu unterstützen. Hier sind Wirkmechanismus und Evidenz eindeutig.
Was sind die Anwendungsgebiete und wo in München wird die regenerative Medizin womöglich schon angeboten?
Hauptanwendungsgebiete in der Orthopädie sind die entzündliche Arthrose und Sehnen-, Muskel- und Knorpelverletzungen. 2007 war das erste standardisierte Entnahmesystem auf dem Markt. Damals waren wir in der Orthopädie am Stiglmaierplatz die ersten in München, die autologe Plasmatherapien eingesetzt haben. Mittlerweile gibt es verschiedene Systeme auf dem Markt, die sicherlich 30 bis 40 Kolleg*innen anwenden.
Welche Vorteile bietet die Orthobiologie speziell für Sportler*innen?
Sportler*innen müssen immer performen. Entsprechend muss die Regeneration hochgehalten werden. Durch autologe Zelltherapien und Stoßwellentherapien unterstützen wir sie biologisch – nicht nur bei Überlastungen oder nach Verletzungen, sondern vor allem auch in der Prävention, damit es erst gar nicht zu Problemen kommt.
Das Interview führte Stephanie Hügler
MÄA 9/2024