70 Jahre Haus an der Pilgersheimer Straße Hilfe für Wohnungslose – heute so wichtig wie damals
Das Haus an der Pilgersheimer Straße des Katholischen Männerfürsorgevereins München e. V. (KMFV) feiert heuer sein 70-jähriges Jubiläum. Ende Februar 1952 wurde es als Deutschlands modernstes Obdachlosenheim eröffnet. Heute ist es noch immer so wichtig wie damals – als erste Anlaufstelle für wohnungslose Männer. Mitarbeiter*innen klären dort Unterstützungsbedarfe, gewähren vorübergehende Unterkunft, beraten und vermitteln weiterführende Angebote
In der Nachkriegszeit wuchs die Zahl wohnungsloser Männer von Tag zu Tag. Der KMFV war daher seit seiner Gründung im April 1950 auf der Suche nach neuen Quartieren, darunter auch Baracken und Bunker. Bis Ende 1950 fanden sich 346 Bettplätze zur Unterbringung obdachloser Männer. Die Kapazitäten reichten jedoch bei weitem nicht aus. Adolf Mathes, Gründer des KMFV, suchte daher nach neuen Möglichkeiten.
Am 29. Februar 1952 wurde das neu gebaute Haus an der Pilgersheimer Straße mit 338 Betten durch die Landeshauptstadt München an den KMFV übergeben. Neben Unterkunft gab es dort ambulante Hilfen wie Beratung, Essensausgabe und Versorgung mit Kleidung. Die Mitarbeiter*innen halfen bei der Arbeitsvermittlung und bei Behördenangelegenheiten. Das Haus diente dabei als Auffang- und Sichtungsstation, bis die Hilfebedürftigen an weiterführende Einrichtungen vermittelt wurden. Ihr Aufenthalt sollte so kurz wie möglich und so lang wie nötig sein. Dies ist bis heute so geblieben.
Mathes begann in der Folge mit der Umsetzung seines Plans eines dezentralisierten Hilfesystems und initiierte damit das heutige ausdifferenzierte und deutschlandweit einmalige Hilfesystem für wohnungslose Menschen in München. Im Laufe der Jahre kamen neue Arbeitsbereiche hinzu. Mit dem Sozialen Beratungsdienst wurde eine Clearingstelle geschaffen. Neben der individuellen Beratung der Klienten ist es ihr Ziel, die Arbeit in der Wohnungslosenhilfe zu koordinieren und eine Zusammenarbeit zu erreichen, um Mehrfachbetreuung und Unterstützung durch verschiedene Stellen zu vermeiden. Die Arztpraxis für Wohnungslose und später die Münchner Straßenambulanz verbesserten die medizinische Versorgung von wohnungslosen Menschen.
In Zusammenarbeit mit der Teestube „komm“ des Evangelischen Hilfswerks stellte das Case Management den Menschen zusätzlich bleibende und stabile Ansprechpersonen zur Seite, um eine stabile Versorgungsstruktur aufrechtzuerhalten und eine Verschlimmerung der Situation Wohnungsloser zu verhindern.
1985 wurde das Haus umgebaut, um modernen Standards zu entsprechen. Seit dem Anbau 2005 gibt es Doppel- und Einzelzimmer. Das Haus verfügt nunmehr über 179 Plätze. Gestern wie heute ist der Bedarf jedoch ungebrochen: Denn weil preisgünstige Wohnungen in der Vergangenheit verkauft wurden und heute nicht schnell genug gebaut wird, steht bis jetzt nicht genügend Wohnraum in München zur Verfügung.
„Durch die enge Kooperation mit den anderen Einrichtungen und Fachberatungsstellen der Wohnungslosenhilfe, der Suchthilfe und des sozialpsychiatrischen Hilfesystems ist es dem Haus an der Pilgersheimer Straße möglich, sich an den Bedarfen des Einzelnen orientierende weiterführende Unterstützungsangebote zu machen und somit eine Perspektive aufzuzeigen“, ergänzt Stefanie Kabisch, Einrichtungsleiterin des Hauses an der Pilgersheimer Straße.
Katholischer Männerfürsorgeverein / Stephanie Hügler
Münchner Ärztliche Anzeigen 09/2022