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154. Delegiertenversammlung. GesundheitsTreffs und Psychosoziale Unterstützung

Was machen eigentlich die Gesundheits-Treffs in den Münchner Stadtvierteln, und wie können Ärzt*innen diese auch für ihre Patient*innen nutzen? Wie ist derStand bei PSU-Akut e.V.? Um diese und weitere Themen ging es bei der 154. Delegiertenversammlung.

Seit Jahren schon gibt es in einigen Münchner Stadtvierteln – z.B. im Hasenbergl, Freiham, und Riem – Gesundheitsberatungsstellen der Stadt München: die GesundheitsTreffs. Am 29. November eröffnet ein weiterer GesundheitsTreff in Neuperlach. Die Psychologin und Abteilungsleiterin Stadtteilgesundheit, Annette Gröger, und der Ärztliche Leiter des GesundheitsTreffs Neuperlach, Dr. Marco Scelsi, stellten den Delegierten die Arbeit vor: Ein interdisziplinäres Team aus Ärzt*innen, Sozialpädagog*innen, Gesundheits- und Kinderkrankenpfleger*innen und medizinischen Fachangestellten berät vor Ort kostenfrei und vertraulich zu allen gesundheitlichen Fragen von Erwachsenen, Kindern und Jugendlichen.

Zusätzlich bringen die Mitarbeitenden zentrale Angebote des öffentlichen Gesundheitsdiensts zu den Menschen in die Stadtteile. Dazu zählen auch ärztliche Leistungen, zum Beispiel Untersuchungen zum Entwicklungsstand von Säuglingen und Kindern – etwa, wenn die Eltern es versäumt haben, mit ihren Kindern zu den Vorsorgeuntersuchungen (U-Untersuchungen) zu gehen. Auch geimpft wird in den GesundheitsTreffs. Darüber hinaus bieten sie Hilfe bei medizinischen Anträgen (zum Beispiel für Reha, Krankenkasse, Pflege, Schwerbehindertenausweis, Haushaltshilfe, Unterstützungsdienste nach Klinikaufenthalt). Damit wird der oft sehr bürokratische Aufwand für die Menschen überschaubarer. Ein dritter Baustein im Angebot der GesundheitsTreffs sind Sprechstunden von Kooperationspartnern wie z.B. der Suchtberatung oder der sozialpsychiatrischen Dienste.

Gröger betonte, dass ihnen besonders die „Scharnierfunktion“ der Treffs wichtig ist – also die Verknüpfung des medizinischen Sektors mit den vielfältigen sozialen Angeboten im Stadtteil. Oft sei es schwierig, eine gute Zusammenarbeit zu organisieren und zu leben. Zum Beispiel könnten Patient*innen aus der Praxis in gute Angebote der sozialen Einrichtungen in den Bereichen Ernährung und Bewegung vermittelt werden. Dies geschehe aber oft nicht, weil die Angebote den Ärzt*innen nicht bekannt seien. Aus diesem Grund warb Scelsi für eine gute Kooperation insbesondere mit niedergelassenen Ärzt*innen. Er appellierte abschließend: „Melden Sie sich! Nutzen Sie uns! Wir entlasten Sie!“ Auf Wunsch können die Ärzt*innen der GesundheitsTreffs z.B. sehr zeitintensive Patient*innen „übernehmen“ oder auch Arztbriefe mit Hilfe einer Dolmetscherin übersetzen lassen.

Auf der Tagesordnung der Delegiertenversammlung stand des Weiteren ein Update über die Arbeit von PSU-Akut bei der psychosozialen Unterstützung in Gesundheitsberufen. Die selbst als ausgebildete Peers tätigen Delegierten Dr. Andreas Schießl, Jeanette Jelinek, Dr. Elena Weigl und Dr. Eva Geiseler berichteten über ihre Erfahrungen in der psychosozialen Unterstützung. Das Angebot der Kolleg*innen erfährt mittlerweile eine hohe Akzeptanz und wird gut angenommen, nicht zuletzt auf Grund der Niederschwelligkeit und des geschützten Rahmens. 

Nicht alle, die ein schwerwiegendes Ereignis erleben, werden dadurch krank. Daher betonte Schießl, dass Hilfe immer auf Augenhöhe, unaufgeregt und nicht pathologisierend sein soll. Gewisse Belastungen gehörten zum Beruf dazu und seien auch gut zu managen, wenn man gemeinsam daran arbeite. Ziel sei, psychosoziale Prävention durch kollegiale Unterstützung aufzubauen. Ein Baustein dafür ist die Unterstützung durch ausgebildete Kolleg*innen (Peers) vor Ort, z.B. in der Klinik. Am Uniklinikum Augsburg beispielsweise gibt es über 100 ausgebildete Peers aus allen Berufsgruppen – bis hin zum Sicherheitsdienst und den Reinigungskräften.

Ein weiterer Baustein ist die kostenfreie PSU-Helpline als externes Angebot. An diese können sich Kolleg*innen wenden, die lieber anonymisiert und außerhalb des Systems mit jemanden sprechen möchten. Neben der telefonischen Unterstützung durch Peers gibt es bei der Helpline auch eine psychotherapeutische Sprechzeit, die keine Therapie, aber bis zu drei kostenfreie Kontakte ermöglicht. Auch niedergelassene Kolleg*innen können über die Helpline Unterstützung anfordern, wenn es in der Praxis zu einem belastenden Ereignis für das Praxisteam kam. 

Dr. Elena Weigl, Ärztin in Weiterbildung, berichtete über das seit Mai 2024 bestehende PSU-Team mit 20 ausgebildeten Peers in der Kinderchirurgischen Klinik im Haunerschen Kinderspital. Wie Dr. Eva Geiseler, leitende Oberärztin in der Anästhesie, berichtete, hat auch das Artemed-Klinikum München Süd seit vier Jahren einen Peer Support mit mittlerweile zehn ausgebildeten Peers. Beide Unterstützungsangebote werden sehr gut angenommen. 

Dr. Schießl wies darauf hin, dass es dank der Förderung durch die Stadt München inzwischen möglich ist, Einsätze im Stadtgebiet gerade auch für Pflegeteams mitzufinanzieren. Krankenkassen können auf Antrag ebenfalls Peer-Ausbildungen und Implementierungsprojekte aus den Präventionsgeldern refinanzieren.

PSU-Akut hat das Thema in das Medizinstudium eingebracht. Mittlerweile gibt es in München und Augsburg dazu mehrere Veranstaltungen. Außerdem vermitteln zwei Pflegekräfte von PSU-Akut bei der Ausbildung an den Münchner Berufsschulen präventiv Wissen, das später bei der Bewältigung von schwerwiegenden Ereignissen helfen kann. 

Abschließend äußerte Dr. Schießl die Hoffnung, dass das Projekt zukünftig dauerhaft über eine Finanzierung gesichert wird und bedankte sich bei allen Unterstützer*innen in München und Bayern.

 Ina Koker

MÄA 24/2024

 

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