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Medizinische Fachangestellte: Personalmangel gefährdet die ambulante Versorgung

Weitgehend unbemerkt von der Öffentlichkeit gefährdet der Mangel an medizinischen Assistenzberufen die Aufrechterhaltung der ambulanten Versorgung in den Münchner Arztpraxen. War die Personalakquise von jeher schwierig in München, hat sich die Situation in den letzten Jahren und besonders seit der Corona-Pandemie weiter dramatisch verschärft.

Durch immer neue administrative Ergüsse aus Berlin, insbesondere unter dem letzten hyperaktiven Gesundheitsminister – Stichwort Konnektor – ist die Arbeit an der Anmeldung einer Arztpraxis immer komplizierter und unerfreulicher geworden. Auch hat die Politik die unermüdliche Mehrarbeit gerade der Medizinischen Fachangestellten während der Corona-Pandemie nicht mit einem Coronabonus belohnt. Wertschätzung sieht anders aus.

Hinzu kommen die Anspruchshaltung und das teilweise aggressive Verhalten mancher Patient*innen, die die Arbeit am Tresen einer Arztpraxis unattraktiv machen. Obwohl der Beruf der Medizinischen Fachangestellten immer noch auf Platz 1 der Berufswünsche weiblicher Ausbildungsberufe rangiert, verlassen sehr viele nach kurzer Tätigkeit in Arztpraxen ihren erlernten Beruf und ziehen stattdessen die Beschäftigung in Verwaltungen von Krankenkassen oder in Krankenhäusern vor.

Natürlich ist die nicht gerade üppige Honorierung bei gleichzeitig hohen Lebenshaltungskosten in München ein weiterer Grund für die Flucht aus dem Beruf. Abgesehen davon, dass man mit Tarifgehältern in München gar nicht erst anfangen muss, eine medizinische Fachangestellte zu suchen – nach meiner Erfahrung ist das Gehalt nicht der entscheidende Faktor. Es geht in erster Linie um die mangelnde Wertschätzung der Öffentlichkeit gegenüber diesem Beruf Weitere große Themen sind auch der Ausbildungskatalog sowie die mangelnde Qualifikation der Bewerber*innen. Der Ausbildungskatalog richtet sich nach dem Berufsbild in einer allgemeinmedizinischen Praxis. Da die Ausbildung in München aber auch häufig in Facharztpraxen stattfindet, können verlangte Ausbildungsinhalte nicht immer vermittelt werden.

Von Seiten des ÄKBV haben wir daher überlegt, eine Plattform für Hospitationen einzurichten, damit auszubildende MFA in verschiedene Fachdisziplinen rotieren können. Krankenhäuser bieten häufig diese Möglichkeit – ein Wettbewerbsvorteil zur Anwerbung von Azubis und ein Standortnachteil für uns Niedergelassene.

Abschließend ist noch ein Gedanke aus der Zahnärztekammer interessant. Auch zahnmedizinische Fachangestellte verlassen ihren Beruf häufig nach der Ausbildung. Die Zahnärztekammer schlägt daher die Einführung einer Teilqualifikation vor – nach dem Motto: besser ein Spatz in der Hand als eine Taube auf dem Dach. Lernschwache Azubis, die die Prüfung zur ZFA oder eben auch zur MFA nicht schaffen, könnten dadurch dennoch in der ambulanten Versorgung bleiben.

Für jede*n Praxisinhaber*in bleibt dennoch die bittere Erkenntnis, dass am Ende nur eine weitere Automatisierung, z.B. durch Online-Buchungsportale, das nicht vorhandene Personal ersetzen könnte. Die Politik sollte die Signale hören und dem Beruf der MFA endlich eine höhere Wertschätzung entgegen bringen. Sie sollte von weiteren administrativen Belastungen für die Praxen absehen und ihnen nicht auch noch unausgegorene EDV-Lösungen aufbürden – Stichwort eRezept oder eAU.

Dr. Josef Pilz 
Münchner Ärztliche Anzeigen 12/2022