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Ausbildungsreform. Mehr Digitalisierung und Inklusion

Neue bundesweite Gesetze und Verordnungen sollen helfen, den Fachkräftemangel, auch bei den MFA, zu beheben und Ausbildugen zu erleichtern. Patricia Ley, Vizepräsidentin des Verbands der medizinischen Fachberufe Vmf), erläuterte im Gespräch mit den MÄA Vor- und Nachteile der neuen Regelungen.

Frau Ley, was gibt es Neues zur Ausbildungsreform?

Sie meinen wahrscheinlich das Berufsbildungsvalidierungs-und-Digitalisierungsgesetz (BVaDiG). Dazu gibt es noch eine neue Verordnung, die Berufsbildungsfeststellungsverfahrensverordnung (BBFVerfV). Leider gibt es noch keine Zusammenfasssung mit dem Berufsbildungsgesetz. Die beantragten Änderungen findet man im Bundesanzeiger und im Bundesgesetzblatt. Das Gesetz wurde im Sommer 2024 ganz schnell im Abgeordnetenhaus durchgewinkt. Ein großer Teil des Gesetzes ist schon im August in Kraft getreten, die Teile ab Paragraph 50 sind seit 1. Januar in Kraft. Änderungen gab es einerseits für die Ausbildung in der Berufsschule, aber andererseits auch für den Ausbildungsbetrieb. 

Sind Sie glücklich mit dem Gesetz?

Dass der Aspekt der Digitalisierung reingenommen wurde, war wünschenswert. Zum Beispiel können die Praxen jetzt eine mobile Ausbildung über Online-Fortbildungen von zu Hause ermöglichen. Auch der Ausbildungsnachweis und das Berichtsheft können nun zu Hause geschrieben werden. Die Arbeitgeber*innen müssen die Technik dazu zur Verfügung stellen, alle müssen darin geschult sein, und die Auszubildenden müssen genauso betreut werden wie bei der Arbeit. Auch die neue Möglichkeit zur Verkürzung oder zur Verlängerung der Ausbildungszeit bei einer Teilzeitausbildung ist grundsätzlich sinnvoll. Ich sehe es aber sehr kritisch, dass die Ausbildung ausschließlich im Ausbildungsbetrieb verkürzt wird – und nicht in der Berufsschulzeit. Eine Ausbildung unter 30 Stunden ist aus meiner Sicht nicht realistisch. 

Wie hätten Sie sich das gewünscht?

Zum Beispiel, dass Teilzeit-Auszubildende vor der Abschlussprüfung freiwillig nochmal die Berufsschule für ein halbes Jahr besuchen können. Ob das umsetzbar wäre, hängt natürlich davon ab, wer das bezahlt. In den Landesärztekammern können und sollten wir über die Berufsbildungsausschüsse verbindliche Regelungen und Kriterien für eine Teilzeitverkürzung festlegen. Wie gesagt, unter 30 Stunden pro Woche macht eine Teilzeitausbildung aus meiner Sicht keinen Sinn.

Was aber schwierig ist, wenn man ganz kleine Kinder hat. Richtig. Personen, die eine Teilzeitausbildung machen, sind ja häufig in Health-Care-Arbeit eingebunden oder betreuen Kinder. Daher reicht aus unserer Sicht eine alleinige Fokussierung auf den Bildungssektor nicht aus. Hier hätte es eine Absprache mit den Ministerien für Inneres und für Arbeit und Soziales gebraucht: Wie gewährleisten wir genügend Kitaplätze und bezahlbare Wohnungen? Wir Frauen müssen auch auf unsere Rentenpunkte achten. Wenn ich möchte, dass mehr Mütter in den Arbeitsmarkt kommen, müssen wir sie auch wertschätzen. Wir brauchen nicht nur Arbeitsplätze, sondern auch gute Arbeitsbedingungen, bezahlbaren Wohnraum in der Nähe, eine gute Verkehrsanbindung, Stromnetze, Internet. Wir brauchen genügend Gesundheitseinrichtungen und Einkaufsmöglichkeiten.

Gibt es sonst noch neue Punkte im Gesetz? 

Der Vertrag darf jetzt auch elektronisch abgeschlossen und zum Speichern und Ausdrucken ausgehändigt werden. Und in den Gesetzen ging es auch um fachliche Eignungen. Quereinsteiger*innen konnten bisher entweder eine über das Arbeitsamt oder über die Rentenkasse finanzierte Umschulung machen und dann die reguläre Abschlussprüfung an der Kammer absolvieren. Oder sie konnten viereinhalb, fünf Jahre in einer Praxis arbeiten und sich dann zur Externen Prüfung bei der Kammer einschreiben. Menschen aus dem Ausland konnten über die Landesbehörden ein Berufsanerkennungsverfahren durchlaufen. Zusätzlich gibt es jetzt das sogenannte Feststellungsverfahren, wenn ich keine Ausbildung, keine Umschulung, keine externe Prüfung gemacht habe und das Anerkennungsverfahren für mich nicht gilt oder wenn ich durch Prüfungen gefallen bin. Höchstwahrscheinlich werden die Landesärztekammern dazu eine praktisch-mündliche Feststellung anbieten, wenn die Antragstellenden Berufserfahrung im In und Ausland und Fortbildungen nachweisen können. Mit dem Feststellungsverfahren wird es allerdings mehr Bürokratie geben, denn es steht klar im Gesetz, dass dadurch kein validiertes Verfahren entstehen soll. Es soll keine Standardbögen geben, die wir als Prüfende checklistenmäßig abarbeiten, sondern wir sollen individuell für alle Ausbildungsinhalte sogenannte „Feststellungsinstrumente“, bestimmte Prüfungsmethoden, festlegen – und erst in der Prüfung entscheiden, welche Prüfmethoden wir für die Antragstellenden anwenden.

Ich habe den Eindruck, es ist ein Wust an Gesetzen verabschiedet worden, der alles nur noch komplizierter macht. Der gute Wille war da, denn das Feststellungsverfahren ist zum Beispiel für Personen mit einer Behinderung sinnvoll, die dadurch nicht an einer regulären Ausbildung oder Ausbildungsprüfung teilnehmen müssen. Man muss bedenken: Dieses Gesetz wurde für alle Ausbildungsberufe gemacht, nicht nur für das Gesundheitswesen. Wir müssen jetzt herausfinden, in welchen Bereichen wir die Menschen je nach körperlicher oder geistiger Behinderung einsetzen können. Das Feststellungsverfahren ermöglicht es, Personen mit einer Behinderung zu integrieren – egal, ob sie z.B. ein Hörgerät haben oder aufgrund einer Querschnittslähmung im Rollstuhl sitzen. Auch wenn sie vielleicht nicht alle Tätigkeiten durchführen können. Sie können künftig eine teilweise Feststellung beantragen – etwa für administrative Tätigkeiten oder Qualitätsmanagement im Büro – und bekommen dann von der Kammer eine Bescheinigung, dass sie hier die gleichen Fähigkeiten haben wie ein*e MFA. Bei allem Positiven für Quereinsteiger*innen, Personen aus dem Ausland und Menschen mit Behinderung müssen wir aber aufpassen, dass die neuen Möglichkeiten nicht von Personen missbraucht werden, die schon dreimal durch die MFA-Prüfung gefallen sind und auch im Feststellungsverfahren ihre Kompetenzen nicht beweisen können. Dafür müssen die Kammern nun Kriterien festlegen.

Das Gespräch führte Stephanie Hügler

MÄA 8/2025

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