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Zweite Leichenschau. Genau hinschauen

Seit Anfang April gibt es nun auch in Bayern eine zweite Leichenschau, bevor ein toter Mensch verbrannt werden darf. Verena Turlik vom Münchner Gesundheitsreferat erläuterte im Interview mit den MÄA, was für Ärzt*innen wichtig ist.

Können Sie Hintergrundinformationen zur zweiten Leichenschau geben?

Am 1. April 2025 wurde nach 55 Jahren die zweite Leichenschau vor Kremation in Bayern als letztem Bundesland wieder eingeführt. Sie ist Pflicht bei allen Verstorbenen, bei denen ein natürlicher Tod bescheinigt wurde und die eingeäschert werden sollen. Derzeit werden 60 bis 70 Prozent aller Verstorbenen kremiert, mit steigender Tendenz. Durch die zweite Leichenschau sollen Fälle identifiziert werden, in denen bei der ersten Leichenschau Hinweise auf eine nichtnatürliche Todesart übersehen oder fälschlich nicht bescheinigt wurden. Dies ist insbesondere für die Kriminalistik wichtig, weil unerkannte Tötungsdelikte aufgedeckt werden können. Sie kann aber auch beispielsweise für eine Unfallversicherung von Bedeutung sein. Für München wurde der Ärztliche Beweissicherungsdienst Süd von der Regierung von Oberbayern mit dieser Tätigkeit beauftragt.

Wo wird die zweite Leichenschau durchgeführt?

In der Bestattungsverordnung ist festgelegt, dass die zweite Leichenschau am Krematorium durchgeführt wird.

Ändert sich auch etwas für alle anderen Ärzt*innen, die eine erste Leichenschau durchführen?

Ja, denn mit der Einführung der Kremationsleichenschau hat sich das amtliche Formular der Todesbescheinigungen geändert. Neu hinzugekommen sind Formulare für die zweite Leichenschau (Blatt 1-4). Für die Verwendung der bisherigen Formulare der Todesbescheinigung gilt eine Übergangszeit, sie durften noch bis zum 30. April 2025 verwendet werden. Zukünftig muss darauf geachtet werden, den rosa Durchschlag des vertraulichen Teils und die Formulare für die zweite Leichen- schau sowie die Formulare für die Obduktion in den rosa Umschlag (Umschlag 2) einzulegen. Dieser wird in jedem Fall dem /der Bestatter*in mitgegeben. Die Ärzte und Ärztinnen, die an den Krematorien die zweite Leichenschau durchführen, erhalten so die für sie wichtigen Informationen. Noch wichtiger als bisher ist es daher, beim Ausfüllen des vertraulichen Teils darauf zu achten, dass alle Durchschläge lesbar sind. Das erspart Nachfragen bei den Leichenschauenden der ersten Leichenschau. Im Sinne einer problemlosen zweiten Leichenschau vor Kremierung und damit in Sinne der Angehörigen, bittet das Gesundheitsreferat (GSR) darum, auf die Lesbarkeit des Durchschlags für die zweite Leichenschau zu achten und den rosa Umschlag in jedem Fall dem/ der Bestatter*in auszuhändigen.

Gibt es weitere Neuerungen bei der Todesbescheinigung?

Es gibt eine Änderung bei den Warnhinweisen: Der Warnhinweis zur Infektionsgefahr auf dem nicht vertraulichen Teil wurde nochmals untergliedert. Die Angaben hier ermöglichen den Bestatter*innen, angepasste Schutzmaßnahmen zu ergreifen. Bei Covid-19 und bei blutübertragbaren Krankheiten ist zudem eine berührungslose Verabschiedung am offenen Sarg möglich, ohne dass vom Gesundheitsamt eine Erlaubnis eingeholt werden muss.

Interview: Stephanie Hügler

(MÄA 10/2025)

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