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MFA in der Zukunft. Sinnhaftigkeit und Augenhöhe

Neue Techniken revolutionieren den Arbeitsmarkt und treffen auf junge Menschen mit konkreten Wünschen an ihren Arbeitsplatz. Die MÄA sprachen mit Patricia Ley, Vizepräsidentin des Verbands der medizinischen Fachberufe (Vmf), über künftige Entwicklungen und wie der Beruf der MFA attraktiv bleibt.

Frau Ley, wie wird sich der Beruf der MFA verändern?

Das jetzige Berufsbild ist auf jeden Fall zukunftsfähig, aber es wird sich weiterentwickeln. Neben der Basisausbildung werden die Karrieremöglichkeiten noch vielfältiger und akademisiert werden. Schon jetzt haben wir drei Studiengänge. Die Themen Delegation und Aufgabenteilung mit anderen Berufsgruppen werden mehr in den Vordergrund rücken. Vermutlich werden mehr ärztliche Tätigkeiten an MFA mit einer Fachausbildung oder einem Studium delegiert werden – auch wenn das nicht bei allen Ärzt*innen beliebt ist. Um dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken, wünsche ich mir eine sektorenverbindende Arbeit mit anderen Berufsgruppen, bei der wir unsere Ressourcen schonen und gut miteinander kooperieren können.

Wie wird der Arbeitsplatz der Zukunft aussehen? 

Es wird noch mehr Digitalisierung in größeren Versorgungseinheiten geben. Ich fürchte, die kleinen Arztpraxen werden von der Bildfläche verschwinden. Stattdessen werden wir digitalisierte medizinische Versorgungszentren haben, in denen mehrere Berufsgruppen auf Augenhöhe zusammenarbeiten. Wir werden auch von den bisherigen starren hierarchischen Systemen und Strukturen wegkommen, damit man wieder mehr Zeit für die eigentliche Medizin hat. Die Ärztliche Leiterin wird sich um das Medizinische kümmern, der wirtschaftliche Leiter um die Ökonomie. Viele MFA werden selbstständiger arbeiten. 

Welche Rollen werden KI oder Robotik spielen?

Überall dort, wo KI eine Unterstützung ist, werden wir mit ihr arbeiten, z.B. bei der Dokumentation oder der Auswertung der Befunde. Gerade bei der häuslichen Versorgung der Patient*innen werden wir darauf angewiesen sein. Schon jetzt gibt es immer mehr KI-unterstützte digitale Anwendungen (DiGAs), die über Rezept verordnet werden können.

Wird künftig der Kollege Roboter an der Anmeldung sitzen? 

Wahrscheinlich werden die meisten administrativen Prozesse, auch die Anmeldung, digital laufen – vielleicht übers Smartphone und einen QR-Code. Was uns aber definitiv bleibt, ist die Ersteinschätzung und die Koordinierung. Es wird mehr MFA in der Triagierung geben, denn die nonverbale Kommunikation kann uns digital nicht abgenommen werden. Dadurch können wir die Patientenströme besser bewältigen und haben dann vielleicht irgendwann keine so vollen Wartezimmer mehr. Das heißt aber auch, dass wir den MFA mehr Verantwortung, mehr Tätigkeiten und mehr Entscheidungen übertragen müssen. Angesichts des Fachkräftemangels können wir nicht mehr einfach abwarten, was passiert. 

Nicht alle Ärzt*innen sind von Digitalisierung und KI begeistert – Stichwort Datenschutz oder Haftungsrecht. Während meines Studiums hat uns der ehemalige Leiter der gematik, Professor Dr. Arno Elmer, eine Folie zu den Herausforderungen der Digitalisierung gezeigt. Sie war 30 Jahre alt – und die Herausforderungen waren immer noch dieselben! Die Hardware- und Softwarefirmen müssen ihre Produkte sicher und anwendbarer machen. Zum Beispiel müssen Schnittstellen geschaffen werden, damit die Systeme besser miteinander vernetzt werden können. Natürlich sind Datenschutz und -sicherung wichtig, aber wir dürfen uns damit nicht blockieren – auch wenn das Thema für viele beängstigend ist. Es wurde allerdings in den letzten Jahren versäumt, diejenigen ins Boot zu holen, die damit arbeiten sollen. Dadurch entstehen Frust und eine Blockadehaltung. Als Zusammenschluss vieler Berufsverbände fordern wir einen Gesundheitsgipfel. In Zukunft muss die Bundesregierung viel mehr mit den Verbänden reden. Der Fachkräftemangel wird nicht einfach so verschwinden, und auch die Infrastruktur und der Wohnungsmarkt werden sich nicht so schnell verbessern. 

Wie kann man den Beruf auch in Zukunft attraktiv halten?

 Wir müssen eine gute Ausbildung gewährleisten und dürfen Auszubildende nicht als billige Ersatzarbeitskräfte sehen. Alle Arbeitsplätze müssen attraktiv gestaltet werden, sodass jede*r den eigenen Fähigkeiten und Kompetenzen entsprechend und auf Augenhöhe mit den Arbeitgeber*innen eingesetzt wird. Es geht um eine gerechte Entlohnung mindestens nach Tarif, das Einhalten des Arbeitszeitgesetzes, zeitlich begrenzte, entlohnte oder abgebummelte Überstunden, als Überstunden bezahlte Fortbildungen und zusätzliche Maßnahmen wie betriebliches Gesundheitsmanagement. Hinzu kommt das Thema flexible Arbeitszeiten: Muss die Praxis wirklich von sieben Uhr morgens bis 20 Uhr oder 22 Uhr offen sein? Ist das in der Lebenswelt meiner Arbeitnehmer*innen, z.B. der Mütter, überhaupt machbar? Gibt es die Infrastruktur, dass sie abends um 22 Uhr noch sicher nach Hause kommen? Wir müssen uns mit den Themen mobiles Arbeiten, flexible Arbeitszeiten und Möglichkeiten der Selbstentwicklung beschäftigen. Denn gerade unsere jüngere Generation ist sehr intrinsisch orientiert.

Was bedeutet das aus Ihrer Sicht?

Junge Menschen möchten an einem guten Arbeitsplatz in einem Team arbeiten, das respektvoll miteinander umgeht. Sie möchten ihre Fähigkeiten in die Praxis einbringen, aber vielleicht auch mal für ein Praktikum ins Ausland gehen oder nebenberuflich noch etwas anderes machen. Der Begriff „Work Life Balance“ wird oft falsch interpretiert als strikte Trennung zwischen Arbeit und Beruf. Junge Menschen möchten aber vor allem gern arbeiten, etwas Sinnvolles tun und trotzdem nach der Arbeit noch genug Energie für ihr Privatleben haben. Darauf einzugehen, haben die meisten Ärzt*innen vor der Niederlassung nicht gelernt. Hier sind die KVen bei der Zulassung, aber natürlich auch der Fort- und Weiterbildungsmarkt gefragt, passende Kurse im Vorfeld anzubieten. 

Das Gespräch führte Stephanie Hügler

MÄA 8/2025

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